Georg Jähnig

Let evidence change your mind.
2025
Mar 3
Übersetzungen:

Zelenskyy hat es darauf angelegt

Ich glaube, Selenskyi hat es genau darauf angelegt, dass das sein Gespräch im OvalOffice mit Trump genau so läuft. Und es könnte aus seiner Sicht rational gewesen sein.

Es war eine bemerkenswerte Auseinandersetzung zwischen Trump und Zelenskyj im Oval Office am vergangenen Freitag.

Wir wissen ja, dass ihm der Mineral-Deal bereits in Kiev zur Unterschrift vorgelegt wurde, Er sollte sofort unterschreiben, nicht mal ohne sich mit seinem Team besprechen zu können.

Und der Deal hatte keinerlei militärische Sicherheitsgarantien, es war im Prinzip nur: „Ihr Ukrainer lasst uns das Zeug nehmen.“

Die Unterschrift hatte er zunächst abgelehnt. Und sich dann vielleicht auch später entschieden, nicht zu unterschreiben.

Aber dann stand er vor dem Problem: Wie kann ich nun meinen Standpunkt der Welt erklären – gerade bei einer solche heiklen Entscheidung?

Lösung: Trump erzählen, dass er unterschreiben will, aber persönlich im Weißen Haus. Und der darf dann gleich einen PR-Termin draus machen und sich vor der Presse als Friedensstifter inszenieren.

Das lässt sich Trump natürlich nicht entgehen.

Also geht Selenski zu dem eigentlich nur als Fototermin geplanten Kurzgespräch mit einer klaren Agenda hinein. Er ist früh konfrontativ, beschimpft Putin und hält Trump eine Fotogalerie mit gefolterten Soldaten vor.

Auch danach macht er weiter: Er schüttelt den Kopf, widerspricht Trump und fällt ihm ins Wort. Er will nicht nett sein.

Am Ende schließlich wirkt Selenski überhaupt nicht traurig oder überrascht (was man bei einem unbeabsichtigtem Eklat erwarten würde), sondern sogar positiv gestimmt: Er macht zu jemand anderem im Raum sogar eine Daumen-hoch-Geste.

Dass der Mineral-Deal wirklich militärisch nichts bietet, und Trump sich dazu auch offenbar keine Gedanken gemacht hat, ist augenscheinlich:

  • Bei einer Reporterfrage stellt Trump klar, dass Frankreich Soldaten schicken wird, UK Soldaten schicken wird – und von den USA werden "worker" da sein.

  • Bei einer anderen Frage nennt Trump die Sicherheitsgarantien zweitrangig. Der Mineral-Deal sei viel wichtiger. (Als wenn Abbauen von Mineralen schwieriger sein soll als Frieden sichern…)

  • Zudem betont Trump, dass die Europäer ihr Geld nur geliehen, während die Amerikaner Geschenke gemacht hätten. Damit baut er den Rahmen auf, warum der Mineral-Deal ausbeuterisch sein darf. Die Gewinne sollten in einen Topf fließen, aus dem sich die USA bedienen könnten.

Selenski hätte zu dem Ganzen gute Miene machen können und hoffen, dass bei weiteren Verhandlungen etwas für die Ukraine herausspringt. Das wäre jedoch ein Risiko gewesen, aus seiner Sicht ein vielleicht zu großes. Denn es droht ja folgendes Szenario:

  • Pseudo-Frieden, dem kein Ukrainer vertraut
  • Die Grenze aber muss dann ganz geöffnet werden (also auch Männer dürfen raus)
  • Die fliehen dann in Scharen zu ihren Frauen und Kindern in Europa
  • Wirtschaftlicher Zerfall
  • Nach zwei Jahren rollt Putin ein und nichts hält ihn mehr auf, weder Schutzmächte noch ukrainische Männer

Aber steht Selenski jetzt nicht viel schlechter da, ohne die USA und deren Waffenhilfe?

Es war vielleicht aus seiner Sicht ein ähnlicher Zug wie im Februar 2022. Da hieß es vorher auch von allein Seiten, niemand werde militärisch helfen. Trotzdem leisteten die Ukrainer Widerstand, und westliche Militärexperten wurden nicht müde zu betonen, wie aussichtslos das doch sei. Den Rest der Geschichte kennen wir.

An ein Szenario mit weiterer US-Hilfe zu denken, macht ja nur Sinn, wenn das überhaupt noch realistisch war. Womöglich hat Selenski das schon abgeschrieben, aufgrund dessen, was man ihm in den letzten Tagen rund um den Mineral-Deal und Trumps nächste Schritte signalisiert hat.

Und hat nun alles auf Europa gesetzt.

Und von dort bekommt er jedenfalls weit mehr Unterstützung als Kritik. Es scheint einen Wachrüttel-Effekt zu geben. Wer weiß, wie weit der trägt.

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